Es ist Freitag.
Die Kinderbibelwoche, zu der ich eingeladen bin, ist schon wieder fast vorbei.
Ein Junge von 10 Jahren baut sich vor mir auf.
„Ja?“
„Das was du machst, könnt ich nie!“
„Was genau meinst du?“ frage ich zurück.
„Naja die ganzen Geschichten die du erzählst, dass du die alle auswendig kannst.“
Ich grinse, denn ich bin wirklich grottenschlecht im Auswendiglernen. Er ist neugierig und möchte wissen, wie ich das mache, die Geschichten so zu erzählen. Und schon sitzen wir auf den Stufen der Gemeindebühne, haben meinen Kinderwochen-Vorbereitungs-Ordner auf dem Schoß und ich erkläre ihm, wie ich es schaffe, jeden Tag eine neue Geschichte frei zu erzählen.
Dieses Erlebnis in der Art habe ich nahezu bei jedem Event, wo ich die biblische Geschichte erzähle. Mal ist es ein interessierter Junge, mal ein Mitarbeiter, mal ein kleines Mädchen mit großen Kulleraugen oder ein Teenie.
Du möchtest wissen, wie du eine Geschichte erzählen kannst,
- ohne am Blatt zu kleben,
- ohne in der Zeile zu verrutschen und nicht mehr zu wissen, wo du gerade bist,
- ohne stundenlang auswendig zu lernen?
Dann ist die Mindmap-Erzählung vielleicht genau das Richtige für dich.
Die Vorbereitung zur Mindmap-Erzählung
Du wirst nicht drum herumkommen, dich mit der Geschichte auseinander zu setzen. Denn egal, ob du danach noch mit den Kids ins Gespräch kommst oder nicht, du selbst musst wissen:
- was ist cool an der Geschichte
- was möchte ich den Kids sagen – denke dabei immer daran nur einen Zielgedanken zu haben
- wie ticken die Menschen in dieser Geschichte, was für Charaktere haben sie
Damit du dafür nicht ewig Zeit investierst, empfehle ich dir – falls du es noch nicht hast – das E-Paper: „Keine Zeit um den Kindergottesdienst vorzubereiten“ (KLICK) von mir. Dort erkläre ich dir kurz und bildhaft, was du tun musst, um ein Thema oder eine biblische Geschichte zu verinnerlichen.
Die Grundregel
für das Erzählen einer biblischen Geschichte
Und hier spreche ich besonders zu den Menschen, die schon immer in die Gemeinde gehen und denken, dass sie die Geschichten eh alle schon kennen. Lies die Geschichte in der Bibel. Genau! Schlag sie auf und lies sie wirklich, um noch mal zu kontrollieren, ob du sie wirklich kennst. Manchmal passieren da ganz verblüffende Sachen, z.B. man entdeckt, dass Daniel ein alter Mann war, als er in der Löwengrube war oder man stellt fest, dass die drei Weisen ja überhaupt nicht am Stall waren an der Krippe, obwohl sie jeder heutzutage zur Weihnachtskrippen-Szenerie dazustellt.
Das Erstellen der Mindmap-Erzählung
Ein Mindmap sieht meistens aus wie eine Sonne. Das ist für das biblische Geschichte erzählen sehr praktisch nutzbar, denn so kannst du als Mittelpunkt gleich festlegen, was der Zielgedanke, oder sogar nur das Zielwort der Geschichte ist. Denn um dieses Wort soll sich die gesamte Geschichte kreisen.
1. Überlege dir den Mittelpunkt der Mindmap-Erzählung
Also, bevor du loslegst und die Geschichte in Szenen teilst und so die Strahlen mit der Geschichte füllst, habe deinen Zielgedanken klar vor Augen. Beim Geschichte erzählen, geht es nie darum nur eine Geschichte zu erzählen, sondern jede Geschichte hat eine Aussage. Genieße das. Du wirst merken, wie viel wertvoller eine Geschichte wird, wenn du genau weißt, warum du die Geschichte erzählst, was du weitergeben möchtest. Du kannst dadurch so viel gewinnen, wenn du schon in der Geschichte rüberbringen kannst, was Ziel des gesamten Kindergottesdienstes ist. Und übrigens – genau so musst du nicht die Predigt oder Andacht danach starten, denn du kannst den Zielgedanken schon in die Geschichte einbauen. Eine Predigt gehört in keinen Kindergottesdienst.
2. Zerlege die Geschichte in Szenen
Du hast die Bibel vor dir? Super! Und nun gibt es erst einmal nichts weiter zu tun, als zu schauen, welche Szenen in der Geschichte vorkommen.
Hier ist eine Mindmap-Erzählung von mir.
Du siehst in der Mitte mein Zielwort in gelb.
In orange siehst du meinen erweiterten Zielgedanken. So habe ich das immer vor Augen und weiß, ich möchte das Wort Frieden so oft es geht benutzen.
Desweiteren möchte ich in der Erzählung meinen Zielgedanken „Verzichten, um des Friedens willen“ mindestens drei Mal in der Geschichte nutzen.
Die Geschichte kann natürlich auch einen ganz anderen Zielgedanken für dich haben. Du musst ihn nur wissen.
Das Coole an Mindmaps ist, sie zwingen dich dazu, dir die wichtigsten Schlagworte zu überlegen.
Ein Mindmap hat keine ganzen Sätze, sondern es liegt an dir, dir DAS Wort zu überlegen, um zu wissen, was du dazu sagen möchtest. Und wenn du dieses eine Wort siehst, kommt dir automatisch der Inhalt dessen, was du erzählen möchtest.
Vertrau darauf, dass das funktioniert.
Vielleicht kennst du das, jemand sagt ein Wort und dir fällt prompt eine Geschichte dazu ein. Bei meiner Mutter ist das so. Ich erzähle ihr etwas und auf einmal sagt sie: „Ach kennste schon den Witz…?“ Ein Wort – ein ganzer Witz kommt ihr ins Hirn. Und genau so funktioniert Mindmap. Ein Wort – und dir fällt die Szene oder der Inhalt ein, den du den Kids erzählen möchtest.
Ich habe es mir irgendwann angewöhnt oben rechts bei der Mindmap-Erzählung zu starten und dann gegen den Uhrzeigersinn Szene für Szene weiterzugehen und ich ende dann unten rechts. Das ist ganz allein deine Sache, wie du das machst. Du brauchst dafür auch kein Computerprogramm, so wie ich es hier nutze, sondern es reichen Zettel und Stift.
Vielleicht hast du es schon erkannt, es handelt sich bei der Geschichte um „Abraham und Lot“, bzw. um die Hirten, die sich um das Wasser streiten und dass sich dann Abraham und Lot (um des lieben Friedens willen) trennen.
Ich habe die Geschichte in 4 Szenen eingeteilt.
Mindmap-Erzählung – Nimm die Kinder in die Geschichte hinein
Bevor ich direkt in die Geschichte einsteige, überlege ich mir einen Einstieg, um die Kids abzuholen. Ich möchte ihr Gehirn aktivieren. Ich möchte, dass sie sich in die Situation hineinversetzen können. Hier ist das unter dem Strahl „Verwandtschaft“. Du siehst – ein Wort und ich weiß, was kommt. Ich frage die Kids: „Wenn jemand sagt, du bist mein Neffe, wer sagt das?“ Wenn du mit einer Frage einsteigst, dann achte darauf, dass es eine Frage ist, die auch zum Denken herausfordert. Die älteren Kinds sollten schon ein bisschen überlegen müssen, sonst schalten sie sofort ab, weil es Kindergartenkram ist.
Es ist auch nicht wichtig, dass du ihnen sagst, welche Geschichte du erzählst. Die Checker, die die Geschichten kennen, werden schon früh genug drauf kommen, bzw. je später, desto cooler ist es doch. Es macht so Spaß Geschichten zu erzählen, und die alt eingesessenen Pappenheimer kommen erst drauf, welche Geschichte es ist, wenn sie schon fast vorbei ist.
Ebenso ist in der 1. Szene mein Anliegen, den Kids zu verdeutlichen, was es damals hieß, reich zu sein. Um ihnen das klar zu machen, frage ich sie erst einmal was es so für Tiere gibt, auf dem Bauernhof. Sprich ich interagiere. Das funktioniert in fast allen Geschichten, dass du so mit den Kids ins Gespräch kommst.
- Zachäus – Was ist ein Maulbeerbaum? Wo habt ihr die besten Kletterbäume?
- Maria und Martha – Wer räumt von euch gerne auf? Wer kann kochen und was habt ihr schon gekocht?
- Paulus Missionsreise – Wer hat schon einmal eine Schlage angefasst? Wer war schon im Krankenhaus?
Mindmap-Erzählung – die Dramatik
Nun geht sie los die Geschichte. Hier ist es der Streit. In jeder Geschichte gibt es eine Dramatik. Und die musst du finden. Was ist der Konflikt? Es gibt keine Geschichte ohne Konflikt und den genieße, lebe ihn, damit jeder versteht, worum es geht. Hier ist bei mir das Schlagwort „Streit“. Mach die Augen zu und stelle dir einen Streit vor. So und nun packe diesen Streit auf die Hirten und dann erzähle oder spiele ihn, diesen Streit.
- Maria und Josef – das Kind kommt oder sie finden keinen Ort zum Schlafen (Drama)
- Josef und seine Träume – die neidischen Brüder (Drama)
- Alle Wunder – was für ein Drama und am Ende, was für eine Freude
Also – suche das Drama und die Emotionen. Überlege dir die Emotionen aus einer heutigen Geschichte, die du erlebt hast und dann packe sie in deine Erzählung.
Ich steigere in dieser Geschichte übrigens das Drama, in dem ich die Kids in 2 Gruppen teile – die Lot-Hirten und die Abraham-Hirten. Dann lasse ich sie immer wieder rufen:
„Haut ab!“ und die anderen rufen zurück
„Haut ihr doch ab.“ Weiter geht’s mit:
„Pöh!“ und „Selber pöh!“
Merkst du es? Ich nutze die Worte, die ich verwenden würde, wenn ich streite. Oder eher, wenn Kinder streiten.
Mindmap-Erzählung – Wissensvermittlung
Überlege dir genau, welche Infos zum Verständnis der Geschichte notwendig sind. Heutzutage ist es nicht mehr so, dass die Älteren bestimmen dürfen. Damals war das so, also erkläre ich das. Diese Informationen sind das Salz der Geschichte. Zuviel davon, würde die Geschichte ungenießbar machen. Wenn du zu viel Infos in deine Geschichte packst, wird es langweilig.
Übe dich darin die Dialoge in der persönlichen Rede zu erzählen. Wenn du beim Erzählen leicht den Kopf hin und her drehst, je nachdem, wer spricht, geht das hervorragend. Wie das genau geht, kannst du in diesem Artikel lesen und dir auch ein entsprechendes Video von mir anschauen: KLICK HIER.
Schau selbst, wie viele Szenen es in der Geschichte gibt. Wenn eine Person an verschiedenen Orten ist, hast du schon die verschiedenen Szenen. Vielleicht beginnt auch eine neue Szene, wenn die Zeit sich ändert (es wurde Nacht) oder wenn eine Person dazukommt.
Die Schluss-Szene der Mindmap-Erzählung
Wann geht in einem Theater der Vorhang zu? Wenn das Drama gelöst ist. Wann ist ein Roman zu Ende? Wenn sich die beiden endlich in den Armen halten. Wann fängt ein neues Kapitel in der Bibel an? Wenn das Gleichnis zu Ende ist.
Warum ist das bei dir nicht so.
Wir wundern uns so oft, warum die Kids unruhig sind, nicht mehr zuhören oder hin und her hampeln. Der Grund ist: Die Geschichte ist zu Ende.
Kids interessiert keine Predigt oder eine Warum-Erklärung die nach dem Ende der Story kommt. Wenn Bartimäus jubelnd ruft: „Ich kann wieder sehen.“, dann ist die Geschichte zu Ende. Das bedeutet, dass ein neuer Programm-Punkt kommen muss: ein Lied, ein Spiel, ein Ortswechsel zum Reden. Egal was. Aber die Geschichte ist zu Ende. Was du bist dahin nicht gesagt hast, strahlt nicht mehr. Gehört nicht zu deiner Mindmap-Sonne dazu.
Abraham und Lot entschieden sich, sich zu trennen – sie umarmen sich fett, sagen ok und dann ist die Geschichte zu Ende.
- davor hat Lot sich vergewissert, ob er wirklich entscheiden darf
- davor hat Abraham betont, dass er um des lieben Friedens willen, verzichtet zu entscheiden
- davor hat man erlebt, dass die Hirten nicht friedvoll waren
- davor habe ich eine Geschichte von mir erzählt, dass ich nicht auf alles verzichten muss, aber zum Beispiel auch teilen kann
Um Geschichten zu erzählen, musst du nicht auswendig lernen. Aber du musst wissen, worum es in der Geschichte geht und die Szenen vor Augen haben. Du musst wissen, welche Gefühle in welche Szene gehören. Und… du musst wissen, wie deine Geschichte endet. Und das, ist das einzige, was ich ab und zu auswendig lerne. Den krönenden Abschlusssatz.
Ich persönlich liebe es, das Mindmap mit Bildchen und Symbolen zu vervollkommnen.
- Fragezeichen: Komme mit den Kids ins Gespräch
- Glühbirne: Zielgedanke einbauen
- Herz: Emotionen und vieles mehr…
Traust du dich eine Mindmap-Erzählung zu starten? Berichte davon in einem Kommentar.
Hier gibt es einen Freedownload (KLICK) für ein Mindmap-Programm.
Hast du sonst noch Tricks auf Lager, um die biblische Geschichte den Kids nahe zu bringen? Dann erzähl uns davon. Ich würde mich sehr darüber freuen.
Hallo Katrin,
jetzt habe ich schon zwei mal eine Mind-map -Geschichte vorbereitet und das Beste daran finde ich , dass ich wirklich überlege, was an der Geschichte das Entscheidende ist. Durch die Schlüsselwörter finde ich heraus, was ich wirklich erzählen will – um was es mir geht.
Echt eine super Möglichkeit, auch wenn ich nicht immer auf mein Konzept sehen kann (weil ich Bilder zum Erzählen benutze…) – trotzdem zu wissen was rüberkommen soll!
Meinen Schlußsatz zu überlegen und was als nächster Programmpunkt kommt ist auch ein hilfreicher Tip!
Viiiiiiielen Dank!!!! 🙂
Liebe Grüße
Regine
Super Methode! Habe die Bibelgeschichten für eine Zeltlagerwoche auf diese Weise erzählt. Die Kids waren so was von aufmerksam – selbst als im Laufe der Woche die Müdigkeit zunahm.
Es stimmt, die Vorbereitung ist aufwendig – zahlt sich aber voll aus!
Liebe Grüße
Salome
Das freut mich so arg, dass du es ausprobiert hast und du gemerkt hast, wie es funktioniert! Top!