Ich lebe voll gern in Deutschland. Ich mag die Sprache, ich mag die Jahreszeiten, ich mag die Ostsee, ich mag die Möwen, den Rhein, Berlin. Ich lebe einfach gern hier.
Früher habe ich oft gesagt, dass ich hoffe, dass Gott mich nicht ins Ausland in die Mission schickt. Gott liebt mich, er hat es (bisher) auch nicht getan und ich bin davon überzeugt, dass er das auch nicht tun wird, sondern, dass er mich genau hier in Deutschland zum Kindergottesdienst-Coach berufen hat.
Doch was wäre, wenn…
Was wäre, wenn ich, obwohl es mir hier in Deutschland gut geht, den Drang verspüre, nach Japan, Bulgarien, Island, Taiwan, Äthiopien oder Hawaii umziehen zu wollen. Einfach so. Ich würde wollen, dass ich das einfach kann. Dass ich das darf. Ok, der Papierkram, ok Geld für Visum und so. Aber ich möchte das dürfen können. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, ob ich es dürfte.
Ich möchte dorthin ziehen dürfen, einfach weil ich möchte.
Ich gebe zu, ich habe nicht viel Ahnung von Politik. Doch ich bin Mensch und habe eine genaue Vorstellung, wie mit mir umgegangen werden soll. Und ein Prinzip, egal ob Christ oder nicht, ist für mich da ganz logisch:
So, wie ich möchte, wie man mit mir umgehen soll, genau so habe ich den Anspruch an mich, möchte ich mit anderen Menschen umgehen.
In der Bibel wird das als die Goldene Regel bezeichnet. Sie steht in Matthäus 7,12.
„Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen!“
Sprich, das heißt für dich:
Alles, was du von anderen erwartest, das tu auch ihnen.
Was erwartest du?
Ich erwarte sogar, dass ich einfach nur, wenn ich Lust habe, woanders hinziehen kann. Ist das dreist? Nö. Ich finde diese Erwartung total in Ordnung.
Was passiert derzeit? Menschen machen sich auf den Weg, in ein anderes Land. Viele nach Europa. Ganz ehrlich, mir ist der Grund piepsegal. Aber diese Menschen haben den Grund, dass sie in ihrer alten Heimat:
- nicht gewollt sind
- vielleicht sterben würden, denn es ist Krieg
- ihre Familie nicht ernähren können
- keine Ausbildung machen können
- ihre Lebensqualität dort einfach so dermaßen schlecht ist, wie wir hier in Deutschland es uns gar nicht mehr vorstellen können
- leiden
- Hunger haben
- nicht sicher sind
- Angst haben
- ach und so viel mehr
Na, wenn das keine wirklichen Gründe sind.
Diese Menschen haben sich auf den Weg gemacht, sie kommen. Wir können sie nicht wegschicken, denn sie sind da. Hörst du? Sie sind da. Das ist die Situation.
Du kannst dir jetzt überlegen, ob du sagst „ich will euch aber nicht“ und sie feindlich anstarrst, nichts machst oder sie gar blöd anmachst oder ob du diese Menschen so behandelst, wie du behandelt werden möchtest. Ich dachte, für uns – gerade als Christen – ist klar: „Jeder ist willkommen.“ In jedem Schaukasten unserer Kirchen steht ein „Herzlich willkommen“. Ja, was ist denn nun? Doch nicht, oder wie?!
Nochmal, sie sind da und sie kommen. Menschen kommen zu uns. Es liegt allein an dir und an uns als Gemeinde, wie wir damit umgehen.
Mir ist es egal, was für Menschen kommen – ob sie als Wirtschaftsflüchtlinge kommen oder als Kriegsflüchtlinge.
Die Frage ist doch, warum kommen sie? Und die Antwort ist: Sie kommen, weil sie eine neue Heimat suchen. Sie suchen ein neues zu Hause. Und wenn ich diesen Grund weiß, dann kann ich nichts anderes sagen, als „Herzlich willkommen“. Ja, ich möchte das „Warum“ dieser Menschen kennen. Vielleicht ist es blauäugig oder naiv von mir. Doch wenn es diese Sehnsucht von Menschen ist, die Sehnsucht nach „zuhause“, dann reicht mir das sowas von aus.
- ein Dach über dem Kopf
- spielen mit meinen Kindern
- sehen, dass sie lachen
- Ausbildung machen können
- zur Schule gehen können
- genug zu essen haben
Herzlich willkommen.
Ich möchte nicht schimpfen, auf das was blöd, falsch oder zu langsam läuft und nur darüber reden, was andere falsch machen. Das raubt doch nur Energie. Energie, Kraft und Zeit, welche ich anders verwenden kann und möchte.
Nein, ich möchte mit Verantwortung übernehmen, für das, was nun in unserem Land passiert. Ich, Katrin Schneller. Und ich möchte die Menschen so behandeln, wie ich behandelt werden möchte. Und du?
Und dabei ist wichtig – nicht Angst soll mein Motivator sein, sondern mein Menschsein.
Hey, es gibt überall die, die was kaputt machen – übrigens auch im Kindergottesdienst. Na und, gebe ich deswegen auf? Sage ich: „Ab heute gibt es keinen Kindergottesdienst mehr?“ Nein.
Angst hemmt. Angst versetzt in Starre und die beste Möglichkeit sie zu bekämpfen ist, sie konkret zu hinterfragen. Sich zu fragen, wovor genau habe ich Angst.
Vielleicht bist du jemand, der Angst hat. Vor dem was passiert, wenn so viele Menschen, die anders sind als du, eine andere Kultur haben als du, eine andere Religion haben als du plötzlich und unvorbereitet da sind.
Dann frage dich, was genau ist es, was in deinen Augen passieren kann? Ganz konkret. Dann frage dich, ob das, was du denkst, was passiert, wirklich passieren kann. Ob das wirklich wahr ist, was du dir da ausmalst. Sei konkret. Bleib nicht in deiner Angst stecken, sondern stell dich deiner Angst. Benenne sie.
Ja, jetzt. Nimm dir die Zeit.
Und nun ist es deine Entscheidung, ob du ängstlich und negativ auf das schaust oder positiv. Vielleicht birgt das Ganze ja auch eine riesen Chance für uns als Gemeinden?! Schon mal drüber nachgedacht?
Menschen kommen zu uns. Sie suchen hier bei uns eine neue Heimat.
Wie oft heulen wir als Gemeinde, da
- keine „Fremden“ kommen,
- wieder evangelistische Tage sind und nur Gemeinde-Leute da sind, oder Menschen aus anderen Gemeinden, die unser Programm cool finden,
- kaum Kinder im Kindergottesdienst sind.
Was für eine Chance.
Ich kann sie förmlich riechen, was das heißen könnte. Ja, da kommt Neues, Anderes und Befremdliches auf uns zu. Doch wie blöd wären wir, diese Gelegenheit nicht beim Schopfe zu packen. Wir haben die Chance, Menschen zu zeigen, was es heißt Christ zu sein. Vielen Menschen. Wie cool ist das denn.
Nein, ich möchte nicht, dass Angst alles übertüncht. Angst, vor diesem einen Prozent Eventualität, dass sich ein „gefährlicher Mensch“ einschleicht und wir deswegen nein sagen zu dieser riesen Chance.
Es liegt an dir – an mir – an uns, was wir damit machen. Jeder von uns kann seinen Beitrag leisten, dass Integration geschieht.
Für mich ist „Integration“ das Zauberwort.
Integration, wo jeder von uns mitwirken kann, indem er in Liebe den Menschen, die zu uns kommen, begegnet. Ich möchte meinem Gegenüber zuerst Vertrauen schenken, ich möchte positiv rangehen. Denn das ist das, was ich auch von meinem Gegenüber erwarte.
Ich möchte nicht erst beweisen müssen, dass ich „nett“ bin. Möchtest du das?
Ich glaube daran, dass Integration möglich ist, doch wir müssen das wollen. Du musst das wollen. Und dann fangen wir an.
Ich bin dabei ein Konzept zu entwickeln. Die „Sofa-Zeit“.
SOFA – Sei offen für alle.
Ein Konzept, wie ein Arbeitszweig mit Kids in der Gemeinde aussehen kann.
Ganz bewusst nenne ich es nicht eine Arbeit mit Flüchtlingskindern. Durch diese Wortwahl trenne ich die Flüchtlingskinder schon wieder von den Kindern aus unserer Gemeinde. Alle sind Sofa-Kinder. Kinder, die in der Gemeinde willkommen sind, die sich gegenseitig akzeptieren und Freunde werden. Ja und auch mal streiten. So sind wir halt. Menschen.
Sofa-Zeit. Eine Zeit, in der christliche Werte gelebt werden. Eine Zeit, wo man auf dem Sofa chillt. Sofa ist gemütlich, Sofa ist zu Hause. Bei der Sofa-Zeit ist jeder willkommen.
Refugees welcome – Flüchtlinge willkommen – Menschen willkommen.
Denn ich möchte auch als Mensch überall willkommen sein und auf dem Sofa Platz nehmen können – für immer zu Hause sein. Also möchte ich auch jeden, der ein Sofa sucht – ein zu Hause sucht – willkommen heißen, hier in Deutschland.
Du auch?
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Deine Einstellung ist interessant. Auch ich war mal Pro-Flüchtling eingestellt. Dann wurde meine Schwester von einem Flüchtling vergewaltigt und ich bat in der Gemeinde um Hilfe. Die Hilfe wurde mir verwehrt und ich bekam als Antwort, das ich Matthäus 25, Vers 31-46 lesen solle. Das wäre der Grund, weshalb man den Flüchtlingen und nicht mir hilft. Das war schockierend weil ich Hilfe wegen EINEM kriminellem Flüchtling wollte, doch man ihn in eine Topf mit allen Flüchtlingen warf. Man setzte also Jesus mit diese Flüchtling gleich, doch wo blieb meine Schwester? Warum sollte sie daneben stehen? Wäre es in diesem Fall nicht logisch gewesen sie mit Jesus gleich zu setzen? Sie wurde vergewaltigt und sie brauchte Hilfe. Ihren Vergewaltiger mit Jesus gleichzusetzen, nur weil er ein Flüchtling ist, bedeutete Jesus zum Vergewaltiger zu machen. Das konnte ich nicht und werde ich nicht akzeptieren. Trotzdem habe ich den „Topf“ mitgenommen, in den die Gemeinde den Vergewaltiger geworfen hat. Deshalb sind jetzt alleFlüchtlinge für mich potenzielle Vergewaltiger. Übrigens, ich habe jetzt ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft erhalten, dass das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde. Auch auf dem Rechtsweg gab es keine Gerechtigkeit. Jetzt wurde in den Nachrichten noch bekannt gegeben, das 4 Flüchtlinge an dem Attentat in Paris beteiligt waren. Klar das der Inhalt meines Topfes nun einen noch schlechteren Gschmack bekommt. Anfangs habe ich sie behandelt, wie ich behandelt werden möchte und jetzt mache ich das immer noch. Ich möchte nämlich, auch wenn es manchmal unangenehm ist, nach dem deutschen Gesetz und dem Gesetz Gottes behandelt werden. Das bedeutet, dass ich mich auch an dieses Gesetz halten muss, da ich sonst bestraft werde. Nämlich genau in dieser Bibelstelle sagt Jesus auch, dass er kein Tolerist ist. Denn in den Versen 45+46 sagt er: „Dann wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr mir nicht getan. Und diese werden in die ewige Strafe gehen, die Gerechten aber ins ewige Leben.“ Und ich sehe meine Schwester imr noch bei den Geringsten, der man die Hilfe verweigert hat.
Lieber Markus,
erst einmal tut es mir echt leid, was deiner Schwester passiert ist. Aber so wie du sagst, die Gemeinde hat nicht die Hilfe geleistet, die du dir für deine Schwester gewünscht hast. Und das ist der Punkt – auch wir als Gemeinde sind nicht perfekt, machen Fehler, sind Menschen. Und ich sehe es ganz genauso wie du, wenn jemand etwas Falsches getan – eine Straftat, egal was, sollten alle gleich dafür behandelt werden. Egal ob deutsch oder nicht deutsch.
Aber ich wehre mich dagegen und es stimmt auch in meinen Augen nicht, dass Menschen aus anderen Ländern schlimmer sind.
Ich wünsche mir, das wir auf jeden Menschen immer neu drauf gucken und uns fragen:
Warum bist du da – und um beim Thema zu bleiben – du suchst ein neues zu Hause? Herzlich willkommen.
Und darum geht es mir. Ich werde nicht irgendeine Menschen-Gruppe über einen Kamm scheren. Sondern bei den vielen vielen Menschen ansetzen, die zu uns kommen – weil sie ein neues zu Hause brauchen.
Es gibt überall die „Geringen“ und ich hoffe, dass ich allen gleichwertschätzend behandeln kann. Und wo ich mal danebenhaue, hoffe ich, dass ich um Verzeihung bitten kann.
Ich bete dafür, dass wir nicht im Hass ersticken – gegen wen auch immer – die Attentäter, die Gemeinde – denn Hass bringt nie etwas.
Ich wünsche dir Frieden im Herzen Markus.
Katrin