„So, wir spielen jetzt ein Spiel zu diesem Thema!“
Alle jubeln, springen auf: Nur Max sitzt mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl und ist nicht fortzubewegen.

„Ich habe euch eine echte Maulbeere von dem Baum, auf dem Zachäus drauf war, mitgebracht. Kommt mal her, könnt ihr euch angucken.“
Alle kommen. Nur Hannah nicht. Sie dreht sich sogar noch extra in die andere Richtung.

„Erzählt doch mal, was war euer schönstes Erlebnis in dieser Woche.“
Alle plappern munter drauf los. Nur Lara presst die Lippen aufeinander.

„Lasst uns mal alle dazu klatschen.“
Alle haben Spaß daran mit ihren Knien zu klatschen. Nur Leon rührt sich kein Stück.

Kennst du das? Fühlst du dich manchmal überfordert, genervt, da es dieses eine Kind gibt, welches anscheinend nichts mitmachen möchte?

Es ist: Der Verweigerer

Erst einmal etwas Grundlegendes zum Verweigern:
Verweigerung ist in der Trotzphase (Alter 3-4) und in der Pubertät ein wichtiger Bestandteil in ihrer Entwicklung. Das „Nein-Sagen“ gehört im Leben dazu. Es ist wichtig, dass Kinder das lernen. Es hängt an uns, dieses Verweigern nicht auf uns zu beziehen, sondern es als Chance zu sehen. Ja, oft geht es voll an deine Grenzen und vielleicht spürst du innerlich eine Aggressivität. Doch ein Blick tiefer in die Individualität des Kinders kann dir helfen, damit besser umzugehen.

Kinder haben einen Grund, wenn sie nicht mitmachen.

Was könnten Gründe sein?

  • Angst sich zu blamieren
  • Wollen im Mittelpunkt stehen
  • Angst es nicht zu können
  • Schlechte Erfahrungen (Sie schaffen es nicht und werden ausgelacht.)

1. Grund – Manchmal verstehen sie nicht, was du von ihnen möchtest.

Zum einen, weil sie nicht zugehört haben. Was gibt es für herrlich zerstreute Kids, denen das Zuhören von Anfang bis zum Ende einfach schwerfällt. Das ist nicht Böswilligkeit. Also behandle sie auch nicht so, als ob sie das tun, weil sie deine Stunde zerstören wollen. Manche sind auch einfach nicht so schnell und trainieren sich durch das Verweigern ihre Schutzhülle an. Denn so werden sie sich nicht blamieren.

Aber vielleicht verstehen sie es auch nicht, weil du es für sie nicht so erklärt hast, dass sie es verstehen.

2. Grund – Sie sehen keinen Gewinn in dem Ganzen.

Was ist wirklich ihr Gewinn, wenn sie bei etwas mitmachen?

Ja, Kinder tun etwas nicht nur, weil du es sagst. Sondern sie möchten den Grund dahinter verstehen. Und nur, weil du es sagst, ist noch lange kein Grund, mitzumachen.

Was haben sie davon, wenn sie den Lernvers mit aufsagen, wenn sie mitbasteln? Wenn Kinder durchschauen, dass es doch nur Beschäftigungstherapie ist, dann machen sie nicht mit. Ein „weil es so schön ist“ bewirkt noch lange nichts.

Also frage dich: Was könnte für dieses spezielle Kind ein Grund sein, mitzumachen?

Es gibt Kinder, die wirklich weiterdenken und nicht verweigern um des Verweigerns wegen.

  • Wenn sie sich die Bastelarbeit anschauen und wissen, dass sie zu Hause eh im Papierkorb landet, was soll dann der Aufwand?
  • Oder wenn ein Kind schon vorher weiß, das der große Bruder sich nach dem Gottesdienst über seine „hässliche Bastelei“ lustig macht, dann ist die Verweigerung doch nur logisch.
  • Oder wenn sich Kinder wirklich albern vorkommen bei den Bewegungen eines Liedes, da sie schon oft gesagt bekommen haben, „Hör auf zu singen, du singst schrägt.“ oder „Wie du dich bewegst, sieht echt scheiße aus.“ (Sorry für die Wortwahl, aber so wird das nun einmal klar gesagt.) Dann ist doch nur verständlich, dass das Kind verweigert. Was sollte es für einen Grund geben, sich eventuell wieder öffentlich demütigen zu lassen?

3. Grund – Sie wollen die Regeln austesten.

Sie möchten einfach schauen, was passiert, wenn sie die Regeln nicht befolgen. Grund dafür ist oft, dass die Eltern zu Hause nicht sooo konsequent sind. Sie haben es also schlicht und ergreifend nicht gelernt. Umso wichtiger ist es, dass du dir überlegst, wie Konsequenzen aussehen und sie dann auch durchzuziehen.
Besprecht das im Team. Nichts ist blöder, als wenn der eine so macht und der andere so und der dritte gar nichts. Wie soll das Kind es dann lernen? Es geht da nicht um „Wir sind die Chefs“, sondern um Orientierung. Gebt ihr Orientierung?

Mit Orientierung meine ich einen klaren Rahmen zu setzen ohne einzuengen. Habt ihr das? Wie kann der Rahmen gefüllt werden, so dass die Kids in Freiheit mit entscheiden können?

Ein anderer Grund kann sein, dass die Kids für ihre Verhältnisse zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Durch das Verweigern bekommen sie Aufmerksamkeit. Ihr unbewusstes Denken ist: „Lieber negative Aufmerksamkeit, als gar keine.“ Falle da nicht drauf rein. 😉 Zeig ihnen, dass sie durch ihr Verhalten auch keine negative Aufmerksamkeit bekommen.

Fragt euch, was genau denn einer Konsequenz bedarf.

Ich vertrete da ganz klar die Ansicht: Wenn ein Kind beim Nichtmachen nicht stört, ist es ok. Manche genießen es auch einfach mal nichts zu müssen. Und ich mache die Erfahrung: Wenn man Kids einfach „sein“ lässt, wählen sie nach und nach aus, was sie mitmachen wollen. Geben wir ihnen doch die Zeit dafür. Gerade Schulkinder müssen die ganze Woche über Dinge tun, die ihnen gesagt werden.

Denke drüber nach, ob der Kindergottesdienst nicht ein Ort sein sollte, an dem die Kids sich wohlfühlen und sie selbst sein dürfen. Ich persönlich gucke auch manchmal einfach gerne zu und erhole mich damit, besonders nach einer anstrengenden Woche. Sollten wir den Kids das nicht auch zugestehen? Ja, ich weiß, du hast dich vorbereitet und Zeit und Hirn und Herz investiert. Aber es geht doch nicht um dich und dass du deinen tollen Plan durchziehst, sondern darum, dass die Kids sich wohlfühlen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Kinder mehr mitbekommen, wenn sie nicht gezwungen werden.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn sie andere Kinder mit anstiften zu verweigern. Und da sind klare Konsequenzen notwendig. Aber das sind nicht die „klassischen Verweigerer“, um die es hier geht.

5 abschließende Tipps zum Thema: Verweigern

  1. Lass dich nicht in einen Machtkampf verwickeln.
  2. Entferne andere Dinge, womit sich das Kind beschäftigen könnte.
    Ja, wenn es nicht mitmachen möchte, ist das ok, aber es sollte auch nichts anderes machen. So hat es die Wahl zwischen Nichts-Machen (nur dabei sein) oder Mitmachen. Führe diese Wahlmöglichkeiten dem Kind vor Augen.
  3. Beziehe das Kind mit seinen Ideen mit ein.
    Wenn es z.B. den Lernvers so nicht aufsagen möchte, frage es, wie es ihn denn aufsagen möchte. Es geht ja beim Lernen nicht um deinen Willen. Sondern wir möchten, dass die Kids etwas Gutes in ihrem Gehirn verankern. Und wenn daraus wird, das jedes Kind es dann anders machen möchte – ist doch super! So ist die Kreativität angeregt und der Lernvers wird ganz schnell drin sein.

Mal hart gesprochen: Sei selbst nicht so stur und eingefahren dabei, wie es zu laufen hat.

  1. Schlussendlich: Kann es vielleicht sein, dass manche Regeln einfach auch unsinnig sind, die du aufstellst?
    Hast du deine Regeln schon daraufhin überprüft, wofür das Ganze gut ist? Wenn nicht, tu es jetzt. Es geht doch nicht darum DEINE Regeln durchzusetzen, DEINE Erwartungen. So verweigerst du doch genauso, weil es nur um dich geht – genau wie das Kind vielleicht möchte, dass es um sich geht.
  2. Schimpfe weniger.
    Schimpfen bewirkt genau das Gegenteil bei Verweigerern. Und ich glaube, dass du, wenn du wirklich dahinter schaust, auch nicht mehr so viel schimpfen wirst. Zeige dem Kind, dass du es magst, dass keine Leistung, kein Mitmachen davon abhängt, ob es angenommen ist.

Dein Ziel im Umgang mit dem Kind, welches verweigert

Finde heraus, was dem Kind Spaß macht. Es gibt was, du hast es nur noch nicht gefunden. Und finde es heraus, ohne dem Kind Druck zu machen. Das ist schwierig. Aber was für ein Bild, wenn das Kind einfach erzählt, was ihm Spaß macht! Siehst du es? Siehst du, wie es aufblüht? Und dieses Bild hole dir vor Augen, um ihm in Liebe zu begegnen.