Ein Gastartikel für uns von Annette Eichholz. Ich bin so froh, dass sie uns in das Thema „Disziplin in der Kinderkirche“ hineinnimmt.
Sie ist fasziniert von Kindern und findet, dass Gemeinden alles tun sollten, damit sich Kinder und Familien dort zu Hause fühlen können.
Deswegen hat sie viele Jahre lang im Kindergottesdienst mitgearbeitet. Z.Zt. organisiert sie alles, was ihre Gemeinde an besonderen Aktivitäten für Kinder plant, vom Weihnachtsmusical bis zu Legotagen, hält Schulungen und coacht einzelne Mitarbeiter.
Los geht’s 🙂
Was hilft denn wirklich gegen das Chaos im Kindergottesdienst? Fragst du dich das auch manchmal? Oder ist es dir noch nie passiert, dass sich die Kinder gegenseitig ärgern und ablenken, statt dir zuzuhören oder dass sie durch den Gruppenraum toben, statt still zu sitzen?
Falls du so etwas hin und wieder erlebst, möchte ich dir ein paar Ursachen für Disziplinschwierigkeiten aufschreiben und ein paar Tipps, die dir helfen können.
Nicht alles wird für dich passen. Such dir ein oder zwei Punkte aus und fange an, sie zu verändern.
1. Die äußeren Umstände
Euer Gruppenraum
Wenn im Raum Spielzeug liegt, werden die Kinder damit spielen. Die jüngeren werden es vielleicht auch durch den Raum werfen und sich um die Sachen streiten. Wenn es zu wenige Stühle gibt, werden sie sich um diese Plätze streiten. Wenn euer Raum zu groß ist, werden die jüngeren Kids rumrennen und die älteren werden versuchen, sich von der Gruppe abzusetzen und cool vom Rand aus zu beobachten, was die anderen machen. Und schon musst du schimpfen und ermahnen – nervig für alle!
Schau dir euren Gruppenraum mal darauf hin an. Und wenn nötig, nimm Änderungen vor. Vielleicht müsst ihr einfach mal aufräumen, vielleicht in einen anderen Raum gehen. Auf jeden Fall hilft es dir, so rechtzeitig vor dem Kindergottesdienst im Raum zu sein, dass du bei Bedarf in Ruhe lüften, Stühle stellen oder aufräumen kannst.
Technik für Licht und Ton
Wenn ihr von einer Bühne aus mit den Kindern singt und die biblische Geschichte erzählt oder vorspielt, ist für euch die Frage nach dem Einsatz von Technik wichtig. Können alle Kinder gut hören und sehen und dabei ruhig sitzen? Wenn nicht, suche dir jemanden, der dich mit Mikro und Licht versorgt.
Ihr habt noch keine Technik im Kindergottesdienst? Dann lies doch mal in den Artikel „Technik im Kindergottesdienst“ rein. Ab 25 Kinder aufwärts, ist Technik immer angebracht. 1. Um die Kids nicht anzuschreien, wenn es doch einmal grad sehr spaßig ist und 2. um schauspielerische Höchstleistungen zu bringen, denn z.B. angstvolles Flüstern ist ohne Mikro so nicht mehr möglich.
Deine Stimme wird es dir danken.
Wege und Raumwechsel
Wenn in deiner Gemeinde am Anfang des Gottesdienstes Kinder und Erwachsene zusammen sind und die Kinder dann in ihre Gruppen gehen, kann dieser Weg heikel sein. Wenn Kinder die Möglichkeit haben, irgendwo im Gemeindehaus zu verschwinden, ist auch die Aufsichtspflicht ein Problem. Und wenn der Gottesdienst ihre Geduld schon stark gefordert hat, brauchen sie vielleicht erst einmal die Möglichkeit, Spannung abzubauen, um sich dann wieder für den Kindergottesdienst konzentrieren zu können.
Checkliste:
- Aufsichtspflicht nicht vergessen
- für Spannungsabbau sorgen, wenn das Stillsitzen im Gottesdienst zu lang war
- Idee: erfinde „Wegespiele“
Ferien und andere tolle Sachen
Kennst du das: Du bist am Samstag erst aus dem Urlaub zurück gekommen und bist am Sonntagmorgen zwar äußerlich im Gottesdienst, aber in Gedanken noch am Strand :-))) Den Kindern geht es genauso. Deswegen gib ihnen am Ferienanfang und am Ferienende Zeit zum Berichten und erzähle auch selbst von deinen Plänen und Erlebnissen.
Weihnachten, Ostern, Geburtstag – das alles wollen die Kinder mit dir teilen!
Aber auch an einem ganz normalen Sonntag kann es sein, dass ein Kind etwas Besonderes erlebt hat. Plane Zeit ein zum Zuhören. Dann werden die Kinder anschließend auch dir zuhören!
Jahreszeiten, Wetter und noch vieles mehr…
Wenn es heiß ist, haben die Kinder zwischendurch bestimmt mal Durst und freuen sich über etwas zu trinken. Wenn draußen ein Gewitter tobt, haben manche vielleicht Angst und andere wollen die Blitze angucken. Und im Winter haben die Jungs vielleicht schon eine spannende Schneeballschlacht hinter sich!
Solche Dinge kannst du zwar nicht beeinflussen, aber einplanen. Am besten sprichst du direkt an, was die Kinder beschäftigt und machst auch klar, wann die Zeit zum Reden und Erzählen zu Ende ist, weil dein Thema dran ist.
2. Gründe beim Mitarbeiter
Schlechte Vorbereitung führt automatisch zu Unruhe. Wenn Pausen entstehen, weil du dein Material suchen musst, werden die Kinder diese Pause füllen. Sie werden anfangen zu reden oder sich gegenseitig zu ärgern. Und schon fängst du an zu schimpfen – und die gute Laune ist dahin. Sorge also dafür, dass du alles griffbereit hast, was du während der Stunde brauchst.
Wenn du die Regeln für ein Spiel nicht kennst oder nicht weißt, wie deine Bastelarbeit richtig funktioniert, dann gibt es Diskussionen oder Streit – nervig und vor allem unnötig! Informiere dich vorher und überlege dir, welche Handlungsanweisungen die Kinder brauchen.
Wenn du spät dran bist und den Raum, die Bühne oder dein Material nicht rechtzeitig vorbereitet hast, sind die Kinder am Anfang sich selbst überlassen. Sie werden wahrscheinlich nicht ruhig auf den Stühlen sitzen und dir bei deinen Vorbereitungen zusehen, sondern spielen, rennen, Unsinn machen. Hier hilft nur eins: Früh genug kommen und fertig sein, bevor die Kinder kommen.
Wie konsequent bist du?
Wenn du Konsequenzen für ein störendes Verhalten ankündigst und dann nicht umsetzt, hast du deine Autorität selbst untergraben. Überlege dir deswegen genau, ob du wirklich tun kannst, was du sagst. Oft ist es gut, zu zweit in der Gruppe zu sein. Dann kann der zweite Mitarbeiter dafür sorgen, dass sich das störende Kind wirklich auf einen anderen Platz setzt, aufhört seinen Nachbarn zu treten, seiner Nachbarin ihren Schal zurück gibt…
Wie begeistert bist du?
Wenn du nur aus Routine mitarbeitest oder weil „es sonst niemand macht“, spüren die Kinder deine mangelnde Begeisterung und haben auch keine Lust auf Kindergottesdienst.
Wenn du nervös und gereizt bist, reagierst du auch mal zu sensibel auf Dinge, die eigentlich gar keine Störung sind.
Solltest du dir gar nicht sicher sein, ob du am richtigen Platz bist, dann kannst du hier nochmal konkreter schauen, was deine Motivation ist. Wer weiß, vielleicht ist woanders ein viel besserer Platz?
9 Tipps, die dir bestimmt helfen
- Sei liebevoll und aufmerksam.
- Sei konsequent, bestimmt, gelassen und ruhig.
- Begegne den Kindern mit Wertschätzung und Respekt.
- Sei rechtzeitig im Gruppenraum, gut vorbereitet und von deinem Programm überzeugt.
- Lerne Dinge zu ignorieren, die keine Störung sind.
- Gestehe Fehler ein und wenn nötig: Entschuldige dich bei den Kindern.
- Bestrafe niemals körperlich.
- Sei bereit zu vergeben und jeden Kindergottesdienst als neue Chance zu sehen, miteinander Freude zu haben und Gott zu erleben.
- Besprich dich mit deinem Team. Es ist wichtig, gemeinsame Regeln zu haben und möglichst einheitlich auf Störungen zu reagieren.
3. Gründe im Programm und im Aufbau der Stunde
Überlege bei der Vorbereitung, an welchen Punkten Unruhe entstehen kann. Hier sind vor allem Anfang und Schluss der einzelnen Programmelemente wichtig.
Ein Anfang, der die Kinder neugierig macht
Damit dir so ein Start gelingt ist es gut, wenn die biblische Geschichte einen spannenden Anfang hat, die Beschreibung für das nächste Spiel witzig und cool klingt, die Bastelarbeit toll aussieht… Deswegen lohnt es sich, dass du dir bei der Vorbereitung gute Formulierungen dafür überlegst.
Ein Ende, das die Kinder zufrieden macht
Und am Schluss der einzelnen Programmpunkte gibt es auch einiges zu bedenken:
- Nach einer spannenden Geschichte brauchen die Kinder vielleicht einen Moment Zeit, um wieder in der Realität anzukommen. Gib ihnen diese Zeit z.B. durch ein gemeinsames Lied, ein Gebet…
- Am Ende eines Spieles kann es Konflikte geben zwischen Siegern und Verlierern oder Diskussionen, wenn es scheinbar nicht gerecht zuging. Hier bist du als Schlichter gefragt.
- Beim Basteln sind immer einige Kinder schneller fertig als andere. Hier brauchst du einen Plan, wie sie die Wartezeit ausfüllen können, bis alle fertig sind und es gemeinsam weiter geht.
Deine Dramaturgie
Ist das, was du mit den Kindern machst, ihrem Alter angemessen? Unter- und Überforderung nimmt ihnen die Motivation zum Mitmachen.
Gibt es in deinem Programm einen Wechsel von Spannung und Entspannung, laut und leise, gemeinsamem Tun und Einzelarbeit, sitzen und Bewegung, hören und Tun? Das hilft den Kindern, innerlich mitzugehen und äußerlich ruhig zu bleiben.
Viele praktische Tipps, wie du ein Programm spannend gestalten kannst, findest du hier.
Plan B für unvorhergesehene Notfälle
Hast du Alternativen parat, wenn die Kinder etwas überhaupt nicht interessant finden, wenn die Gruppe viel größer oder kleiner ist als erwartet oder der Gottesdienst mal wieder länger dauert als üblich? Überlege dir doch mal ein oder zwei Spiele, Lieder und Bastelideen für solche Situationen und besorge dir das Material dafür. Wenn du diese Sachen immer als Reserve dabei hast, muss dich nichts Unvorhergesehenes mehr verunsichern. Du bist ja vorbereitet!
Spezialfall Familiengottesdienst
Ein Familiengottesdienst ist eine besonders tolle Sache, aber auch eine besondere Herausforderung. Hier findest du viele Tipps dafür.
4. Ursachen beim Kind
- AD(H)S, Hochbegabung, Lernschwierigkeiten, Autismus, all das macht Kindern und Erwachsenen oft das Leben schwer. Vieles davon ist mittlerweile gut erforscht und es kann dir helfen, wenn du dich darüber informierst. Aber beeinflussen kannst du das alles natürlich nicht.
- Auch die Situation des Kindes in seiner Familie und in der Schule hat Auswirkungen auf sein Verhalten im Kindergottesdienst. Das ist ein eigenes, sehr umfangreiches Thema.
- Manchmal führen diese Ursachen dazu, dass Kinder einfach mit mitmachen (können) bei dem, was du geplant hast. Hilfen für solche Situationen findest du hier im Artikel über „Wenn Kinder verweigern“.
5. Geistliche Ursachen
Kindergottesdienst ist Verkündigung von Gottes Wort. Deswegen lohnt es sich, dafür zu sorgen, dass jedes Kind ungestört zuhören und Gott begegnen kann.
Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass Verkündigung immer angefochten ist.
Und deswegen mein letzter Tipp:
Bete für die Kinder und den Kindergottesdienst.
Gott ist kein Gott der Unordnung, sondern des Friedens (1. Kor. 14,33). Unordnung zu machen, das kriegen wir Menschen hin. Frieden kann nur Gott schaffen. Und er will zu den Kindern reden – durch dich!!! Ist das nicht super?