Eines Tages kamen Trainer in meine Turngruppe. – Vielleicht erinnert ihr euch an den Artikel zu den Charakteren im Familiengottesdienst? Dort hatte ich auch schon von meinem Turnverein erzählt, in dem ich mit 5 Jahren war. Die Trainer schauten, welche Kids unter uns die wahren Talente sind. Meine Mama saß mit den anderen Müttern unten. Sie erzählte mir hinterher, dass nacheinander kleine Mädchen heulend die Treppe runterkamen, weil sie nicht weiter zum Turnen gehen durften. Meine Mutter machte sich auf alles gefasst. Die Tür öffnete sich und ich schleuderte mit meinem Turnbeutel über meinem Kopf herum und jubelte:
„Ich muss hier nicht mehr hin.“
Im Artikel „Abschied vom qualvollen Familiengottesdienst“ habe ich euch die 5 Schritte aufgezeigt, die ihr gehen müsst, um ein Grundgerüst für die gemeinsame Zeit im Gottesdienst zu haben.
Es wird Menschen geben, die werden heulen. So wie die anderen Mädels, weil sie nicht mehr zum Turnen dürfen. Aber der Großteil wird – wie ich – jubeln, dass der qualvolle Familiengottesdienst abgeschafft wurde und sie da nicht mehr hinmüssen. Doch wie kannst du mit deinem Team nun den Gottesdienst so gestalten, dass er auch ein anderes Level hat?
Die 5 unterstützenden Faktoren für einen gelungenen Familiengottesdiens
1. Zeigt mit einer Aktion, dass der nächste Familiengottesdienst anders wird.
Das kann ein Flyer sein, eine (kreative, andersartige) Ankündigung im Gottesdienst und im Gemeindebrief. Oder startet eine Aktion, nach einem Gottesdienst. Das könnt ihr als Mitarbeiter gestalten oder mit den Kids.
Wieso? Damit die Menschen im Gottesdienst auch etwas anderes erwarten. Mit einer neuen Erwartungshaltung könnt ihr die Menschen viel besser abholen.
2. Habt ein motiviertes Team
Ich gehe davon aus, dass ihr neu und anders starten wollt und hoffe, dass das einfach klar ist, dass das vorhanden ist. Sicher mit etwas Skepsis und Angst im Herzen, aber mit Motivation.
3. Setzt die Kinder im Gottesdienst zwischen die Erwachsenen.
Ja, ich weiß, dass das ganz viele Gemeinden nicht machen, da man doch die Kinder, wenn sie vorne sitzen, viel besser ansprechen könne.
STOP – genau das ist der Denkfehler!
Denn: Es ist Familiengottesdienst, wir wollen alle Leute ansprechen. Also ist es nicht mehr notwendig, dass die Kids vorne sitzen. Ihr macht es euch nur unnötig schwer, wenn ihr das beibehaltet. Denn schwupps, seid ihr, wenn der Gottesdienst läuft, unbewusst in eurem alten Schema und sprecht auf einmal doch nur die Kids an.
Um dem vorzubeugen, lasst die Menschen so sitzen wie sie wollen. Wenn ihr es richtig bunt mischen wollt, könnt ihr euch auch da was einfallen lassen: Verteilt zum Beispiel am Anfang Zettel, auf denen etwas drauf ist, was zum Thema passt. Und dass sich auch auf Schildern in eurem Gottesdienstraum wiederfindet.
Ja, und wer dann doch zusammen sitzen möchte – lasst sie! Hier geht es nicht um ein neues Gesetz, sondern darum, Gewohntes auf eine kreative Art und Weise aufzubrechen.
Weitere Vor- und Nachteile habe ich in dem Artikel „Familiengottesdienst – es muss nicht immer Spagat sein“ schon erläutert.
4. Integriert die Personen, die sonst auch im Gottesdienst mitarbeiten
Da rede ich von dem
- Techniker,
- den Musikern,
- eurem Pfarrer,
- dem Fürbitten-Sprecher,
- Kollekten-Einsammler,
- Tür-Handschüttler
- und anderen.
Manche Mitarbeiter freuen sich, wenn sie mal nichts im Gottesdienst machen müssen. Aber andere fühlen sich doch sehr schnell übergangen, wenn das so ist. Provoziert keinen Streit, wo es nicht notwendig ist. Fragt sie, was sie tun wollen. Dabei brecht ihr euch ja keinen Zacken aus der Krone.
Ihr habt Angst, dass es dann langweilig für die Kids wird? Dann überlegt euch Alternativen, bei denen die alteingesessenen Mitarbeiter dabei sein dürfen. Bzw. wertschätzt sie, indem ihr sie bittet, ob ein Kind mit dabei sein kann, mitmachen kann oder über die Schulter gucken kann. Ihr erspart euch viel Arbeit, wenn ihr
- die Menschen mit einbezieht,
- sie fragt, wo sie Unterstützung brauchen,
- ihnen frühzeitig Bescheid gebt,
- ihnen die Ablaufpläne früh genug zumailt,
- am Ende auch Danke sagt für die gute Zusammenarbeit.
Du siehst – das sind alles gar keine „Sachen von vorne“ auf der Bühne, sondern das hat was mit Orga und guter Kommunikation zu tun. Es ist sinnvoll, eine Person im Team zu haben, bei der alle Stricke zusammenlaufen.
5. Habt eine Kleinkindbetreuung
Ja, es ist Familiengottesdienst. Dennoch: Die Altersspanne von 0 bis 100 ist zu groß. Ich rede hier von den 0- bis 4-Jährigen.
Es gibt verschiedene Konzepte:
- Ihr habt die ganze Zeit ein anderes Programm für alle Kids in dem Alter.
- Es gibt einen Anfangspart für alle und dann gehen die kleinen Kids in ein Extra-Programm.
- Es gibt einen Anfangs- und Endteil für alle.
Cool wäre halt, wenn die Kids in der Zwischenzeit etwas zum Thema gestalten, dass dann im Endteil vorkommt. Wenn ihr niemanden habt, der eine Schulkind-gerechte Predigt halten kann, solltet ihr überlegen auch für sie in der Zeit etwas anzubieten. Generell finde ich aber, dass Kinder auch lernen können, eine 15-Minuten-Predigt „auszuhalten“ und still zu sein, auch wenn sie nicht kindgerecht ist. Aber da kennt ihr eure Kids besser.
Das Fundament, damit jeder im Familiengottesdienst angesprochen wird
Passt das Programm der Aufmerksamkeitsspanne der Kids an.
Pi mal Daumen sagt man, der Spannungsbogen hält so viele Minuten an, wie das Kind alt ist. Sprich: Wenn eure jüngsten Kids 5 Jahre alt sind, halten sie 5 Minuten durch. Das bedeutet aber nicht, dass deswegen nichts länger als 5 Minuten gehen sollte. Aber es heißt für euch, dass nach 5 Minuten ein anderes Aufmerksamkeitselement kommen muss.
Zum Beispiel heißt das für die Predigt:
Vielleicht wirkt das alles auf euch nicht wie eine Predigt. Aber vielleicht sollte da ein Umdenken geschehen. Für mich geht es in einer Predigt darum, einen Bibeltext für die Gottesdienstbesucher so zu durchleuchten, dass sie etwas für ihren Glauben mitnehmen können, ihnen ein neuer Aspekt aufgezeigt wird oder sie gestärkt werden, dass Gott zu ihnen reden kann. Das kann er nicht nur in einer 40-Minuten Predigt.
Trauen wir unserem Gott Großes zu.
Wenn ihr euch an diese Zeit-Regel haltet, habt ihr das Fundament für einen gelungenen Familiengottesdienst gelegt
Tricks, die funktionieren, damit jeder im Familiengottesdienst angesprochen wird.
Trick 1: Zeig, dass noch was Interessantes kommt.
Ein Pastor legte mal zu Beginn der Predigt einen Ziegelstein auf die Kanzel. Dort blieb er die ganze Zeit während des Gottesdienstes liegen. Die Spannung stieg. Jeder hörte gespannt zu, denn jeder wollte wissen, was es mit diesem Ziegelstein auf sich hat. Unabhängig davon, ob der Pastor es am Ende aufgelöst hat oder nicht: Es war eine geniale Idee, die Gemeindebesucher zu fesseln.
Trick 2: Halte Augenkontakt.
Wie gut, dass die Kids überall verteilt sitzen, denn so wirst du auch überall hingucken. (Und nicht nur in die vorderen Reihen.) Wenn du dich mit jemanden unterhältst, guckst du den Menschen ja auch an. So wird es persönlich. Wenn du die Menschen erreichen möchtest, schau sie an!
Trick 3: Sprich in kurzen, einfachen Sätzen.
Das solltest du nicht nur in einem Familiengottesdienst tun. Auch die Erwachsenen werden dir dafür dankbar sein.
Trick 4: Rede in einer normalen Stimmlage.
Kennst du dieses Phänomen, dass Menschen auf einmal so hoch und piepsig reden, wenn sie mit Kindern reden? Selbst im Kindergottesdienst bin ich davon ein totaler Gegner, da sich Kinder dann oft klein vorkommen, weil du sie nicht als ebenbürtiges Gegenüber behandelst. Deswegen: Benutze deine natürliche Stimmlage.
Trick 5: Benutze keine Fremdwörter.
Auch das hast du im Gespräch mit Erwachsenen nicht nötig, aber wenn Kinder dabei sind um so weniger. Fremdwörter sind nicht nur: glorifizieren, explizit oder konvergent. Fremdwörter sind auch: Sündenpfuhl, lebendiges Wasser, Thora oder Diaspora.
Trick 6: Überfordere die Erwachsenen nicht.
Ermutige die Erwachsenen mitzumachen, aber wenn sie etwas Peinliches machen müssen, ist das doch echt doof. Bei jedem ist die Schmerzgrenze dabei woanders. Hab‘ dort ein großes Herz. Bewegungslieder sind da zum Beispiel so ein Thema. Leichter ist es schon, da die Kids mittendrin sitzen. Vielleicht findest du ermutigende Worte für alle.
Vielleicht kannst du gerade die Männer durch Wettkampf-Gedanken bekommen: „Ich bin gespannt, ob die Männer das lauter hinbekommen, als die Kinder.
Trick 7: Fordere die Kids.
Ja, wir können den Kindern auch etwas zumuten. Mach sie nicht kleiner, als sie sind und nicht unwissender, als sie sind. Quiz-Spiele – Kind gegen Erwachsene oder Mitarbeiter – sind super.
Trick 8: Sei persönlich.
Der Moment, in dem alle zuhören, ist der Moment, in dem du von dir erzählst. Erzähl von deinen Schwächen, davon, wo du versagt hast. Nimm die Menschen deiner Gemeinde in dein Leben hinein. Sei ehrlich. Du musst nicht als Held dastehen, damit die Menschen dich toll finden. Unser Held ist Jesus. Das reicht. Die meisten Vorbilder sind Menschen, die zu ihren Fehlern stehen und zugeben, dass sie Mist bauen.
Trick 9: Sei emotional.
Tja, und wenn du schon persönlich bist, dann sei auch emotional. Das bedeutet: Rede von deinen Gefühlen, davon, wie es dir ging, als… Sachliche Geschichten sind leer.
Wenn ihr als Grundlage eine biblische Geschichte habt, dann lasst auch die Personen Emotionen haben. Und unterstreicht eure Emotionen durch gute Rhetorik, von der ich schon im „Wellensurfen-Artikel“ geschrieben habe.
Trick 10: Integriere Menschen, die integriert werden wollen
… und zwar nur die, die wollen. Das können Kinder und Erwachsene sein. Es ist schön, wenn Menschen vorne vorkommen. Dennoch soll das ganze kein Vorführzirkus der Kids werden. Es geht in einem Familiengottesdienst nicht darum, dass Eltern auf ihre Kids stolz sind, weil sie da vorne ein Gedicht aufsagen. Aber Akzente zu setzen, bei denen du andere Menschen mit hineinnimmst, sind super.
Ideen dazu:
- Menschen bilden die Kulisse im Theaterstück – 2 sind das Haus, 2 sind die Bäume
- fragen, ob jemand Lust hat, die Bewegung bei einem Lied mitzumachen
- Nummerngirl
- Schildhalter
- Fotograf – der kann gleich am Anfang des Gottesdienstes gesucht werden, so sind auch die Bilder für die Homepage gesichert
Bei allem gilt:
- Hab Spaß! Und dass du Spaß hast, solltest du auch ausstrahlen.
- Sei du selbst! Denn so hat Gott dich gemacht und es ist gut, wie du bist.
- Bleib locker! Wenn du Spaß hast und du du selbst bist, wirst du locker sein.
- Sei flexibel! Pannen machen dich menschlich und nahbar.
- Vertrau auf Gott! Und wenn du gut vorbereitet bist – und das solltest du sein – kann dir nichts passieren.
- Prüfe Kritik, die danach kommen wird.
- Erfreu dich am Lob, welches auch kommt.
- Feedbacke danach konkret, klar und kritisch mit deinem Team.
Ich wünsche euch einen tollen Familiengottesdienst!
🙂 Ich plane gerade einen Familiengodi und hab mit den 10 Tipps jetzt ja eine super Checkliste. Danke!
Dann gutes Planen – und ein spannendes Wer – Warum – Wie – Was – Denken.
Super tolle Gedanken, die ich gerne für mein Team aufgreifen und umsetzen werde. Danke vielmals
Toll! Ich bin schon so lange dabei, aber das sind auch für mich motivierende, begeisternde Gedanken und tolle Tipps! Herzlichen Dank!
Sehr gern! Ich glaube, das ist das, was wir alle immer wieder brauchen, einen kleinen Schubbser, eine neue Idee – einfach um wieder neu motiviert zu sein.