Als ich heute Morgen die Straße runtergelaufen bin, zuckelte vor mir ein Vater mit 3 Kids entlang. Eigentlich standen sie nur und das bei dieser klirrenden Kälte. Die 2 Mädels – vielleicht 5 und 3 Jahre erfreuten sich an ihren Seifenblasen. Die Kleinere versuchte immer wieder die Seifenblasen einzufangen. Es war echt goldig. Und der Vater stand geduldig und ging immer mal wieder – den Kinderwagen schiebend – einen Schritt weiter. Als ich an ihnen vorbeiging, hörte ich wie er eine Melodie pfiff…
Hach – kennst du das, dass jemand was pfeift und du kennst das Lied und weißt nicht woher. Mir lässt das dann echt keine Ruhe. Doch dann ein paar Minuten später kam es mir „Willst du einen Schneemann bauen?“ Es war das Lied, welches Anna an der Tür von Elsa singt, weil sie so gerne mit ihr spielen möchte, doch Elsa sie immer wieder abweist. Jahrelang.
Ich hoffe du kennst den Film „Die Eiskönigin“. Wenn du ein Kindergottesdienst-Mitarbeiter bist, kann dieser Film nicht an dir vorbeigegangen sein. Alle Mädchen lieben schon über ein Jahr ihre Elsa die Eiskönigin. In den Läden gibt es alles von ihr – bedruckte Shirts, Schulranzen, Mäppchen, Uhr, Bikini, Schloss, Schneekugel, Schwimmreifen, Brille, Haarreifen, Schuhe, Bettwäsche, Puppe in groß, Puppe in klein, Puppe in mini, Puppe in weich, Sessel, eben alles.
Ganz ehrlich, ich mag den Film auch und Willemijn Verkaik singt das Lied „Ich lass los“ wirklich grandios. Dennoch gibt es eine Sache die ich nicht so verstehen wollte. Das Lied ist auf Youtube so oft gecovert worde. Ich habe sogar eine gute Version in 25 Sprachen gefunden.
Warum stehen die Kids auf Elsa, die Eiskönigin und nicht auf Anna?
Warum? Ganz ehrlich, Anna ist so viel cooler!
- Sie ist mutig, denn sie geht in die Eiseskälte um Anna zu suchen.
- Sie ist witzig.
- Sie ist spontan.
- Sie ist schlagfertig.
- Sie ist liebenswert.
Dagegen Elsa die Eiskönigin – sie rennt weg, sie ist Anna gegenüber überhaupt nicht nett. Ich finde sie ist auch echt nicht so hübsch wie Anna. Sie ist voll das Problemkind. Sie verbietet Anna Sachen. Wer will das denn?
Und dennoch – Elsa die Eiskönigin ist der Star der Mädchen von heute (2014-2016) und nicht Anna.
Elsa kann etwas, was sonst keiner kann. Sie kann durch ihre Emotionen Dinge in Eis verwandeln. Doch da steht nicht plötzlich ein Riesen Eisquader da, sondern es entstehen wunderschöne Eiskristalle, rücken, Wege, ja ein ganzes Schloss kann Elsa „herzaubern“. Den Menschen in Arendelle macht das Angst und es ist tatsächlich zum Fürchten, denn Elsa kann diese Begabung nicht kontrollieren. Aber es macht sie einmalig. Es macht sie besonders und es sieht wunderschön aus.
Jetzt geh mal in dich. Ist es nicht das, was jeder von uns in sich trägt? Diese Sehnsucht nach Einmaligkeit. Unseren Mädchen im Kindergottesdienst ist es egal, ob die Menschen Angst vor Elsa haben – am Ende wird ja auch alles gut. Sie sehen die Einzigartigkeit von Elsa und träume davon auch so zu sein.
Egal wie hoch ich als Erwachsener die grandiosen Eigenschaften von Anna sehe und wie erstrebenswert unsere Mädchen bewundern Elsa und wollen gern sie sein.
Ich hab’s probiert, ich hab schon öfter Mädchen gefragt, wen sie toll finden – Die Antwort ist Elsa. Und wenn ich mit ihnen darüber spreche, und in meiner total motivierenden Art von Anna vorschwärme, lächeln sie mich an. Doch danach, bei der Frage, ob sie Anna nun besser finden, kommt ein „Nein“. Und glaub mir, ich bin gut im Argumentieren und Erklären. Doch da, da stoße ich auf Granit.
2 Dinge, die dir Elsa die Eiskönigin für den Kindergottesdienst beibringen kann
1. Kinder wollen besonders und einmalig sein
Das ist wahrscheinlich nichts Neues für dich und dennoch ist es wichtig, immer wieder das Verhalten der Kids zu verstehen. Wenn ein Kind mal nicht so tickt, wie du es gern hättest, steckt vielleicht genau der Wunsch dahinter. Es möchte besonders sein. Egal ob Junge oder Mädchen.
Was heißt das für dich? Lobe die Kids, da, wo es etwas zu loben gibt, denn das hebt sie hervor und macht sie besonders. Schau dabei ganz individuell auf das Kind. Wenn du ein Kind für etwas lobst, was für das Kind selbstverständlich ist, kommt es sich ganz bestimmt blöd vor, verdreht die Augen und findet es albern. Lobe für die Dinge, wo das Kind etwas geschafft hat, für das es einen Tick mehr auch gegeben hat, an Zeit, Kreativität, Ausdauer als sonst.
Es ist wichtig, dass wir unseren Kids beibringen was „normal“ ist und was ein Lob wert ist.
Für mich ist es zum Beispiel normal, dass ein Kind mit aufräumt, was es unordentlich gemacht hat. Dafür kann es gern ein „Danke“ von mir bekommen. Aber ein Lob? Doch vielleicht muss ein Kind das zu Hause nie machen. Ja, solche Eltern gibt es, die alles für ihre Kinder tun. Dann ist ein Lob vielleicht doch angebracht.
2. Kinder gucken nicht so differenziert wie du
Wir Erwachsenen hätten es so gern immer logisch. Aber Kinder sind so nicht. Für mich sind die Eigenschaften von Anna (mutig, temperamentvoll, witzig) super. Kinder finden diese Eigenschaften sicher auch gut, aber – und da kommt das große Aber J. Sie schauen halt oft total Tunnelblick-mäßig. Unsere kleinen Mädchen sehen einfach diese wunderschönen Eiskristalle und das Schloss und was Elsa da herzaubert, dass die Menschen Angst haben, dass sie damit Sachen zerstört, sehen sie nicht. Und das ist ok.
Es bringt da gar nichts mit Kindern irgendwie rumzudiskutieren. Wenn ein Kind jetzt Basteln blöd findet, dann ist das so.
Argumente, dass es dann
- was Schönes mitnehmen kann,
- dass Mama sich freut,
- dass es dann als einziges Kind vielleicht nichts hat, wenn es nicht mitmacht,
- dass es Spaß macht, dass es mal probieren soll.
Es zieht nicht.
Die Lösung in so einem Fall ist nicht, zu argumentieren, sondern die Kunst als Kindergottesdienst-Mitarbeiter ist es da, zu schauen, wie ich aus der Situation etwas Gutes rausholen kann.
Frage dich, warum denkt das Kind jetzt so, warum möchte es jetzt dieses oder jenes. Du wirst merken, wenn du für dich ein Warum klar hast, fällt es dir leichter mit dem Kind auf eine gute Art und Weise umzugehen. Du wirst es vielleicht nicht verstehen, aber du wirst es akzeptieren können und dir dadurch öfter innerlichen Stress ersparen. Ja, vielleicht wäre es schöner, wenn das Kind mitbastelt, aber wenn nicht, wen stört es? Meistens nur dich, weil du dir Mühe gegeben hast und die Bastelarbeit vorbereitet hast.
Was könnte ein Warum beim „Nichtbasteln“ sein?
- Es ist zu anstrengend.
- Es ist zu kindisch.
- Es macht keinen Spaß.
- Es ist zu viel Friemelarbeit.
- Das Kind bastelt nicht gerne.
- Das Kind ist einfach müde, hat keine Lust.
Für mich sind das Gründe. Ja, es ist schade. Aber wir haben Sonntag, wir sind nicht in der Schule und auch ich möchte nicht immer müssen. Ist das ok für dich? Ich weiß, dass das schwer ist. Besonders, weil innerlich die Angst groß ist, was ist, wenn nun noch mehr Kinder nicht mehr mitmachen wollen. Aber ich wünsche uns, dass das Nein-Sagen der Kids ok für uns ist, dass wir das aushalten. Auch wenn der Grund ist, dass sie dadurch besonders sein wollen.
PS: Ich finde immer noch, dass Anna soviel cooler ist, als Elsa – tja, ich bin ja auch erwachsen.[
Dankeschön für die Zusendung der Bilder beim Contest – Elsa-Fan gesucht!
Liebe Katrin,
eigentlich geht es mir bei Anna und Elsa um die tiefere Dimension, um das verpackt-religiöse Denken, das hinter der Geschichte liegt. Elsa sondert sich ab, sie hat eine Kraft, die sie nicht beherrschen kann, ja, von der sie letztendlich beherrscht wird und diese Kraft sondert sie von allen anderen ab. Es wird kalt um sie, sie kann auch keinen mehr an sich heranlassen, sie ist letztendlich durch diese seltsame Kraft isoliert worden, nicht einmal ihre Schwester darf sie hereinlassen. Und so wächst sie in frostiger Einsamkeit auf und als sie dann doch mit der Gesellschaft konfrontiert wird, dann geht natürlich alles schief. Die Kraft wuchs mit ihr und sie wird von ihr beherrscht. Schließlich kommt es zum Eklat, sie lässt quasi alles heraus, was sie bislang verstecken musste und so geht sie ihren Weg, fort von allen Menschen, in die Einsamkeit und dort zaubert sie sich ihr eigenes Reich, in das niemand kommen darf – nicht einmal ihre eigene Schwester. Und als Schutz gibt es das riesige Eismonster, das gegen alle kämpft! Anna kostet ihr Eindringen fast ihr Leben und nur durch die Liebe wird sie gerettet. Die frostige Eiskönigin lernt also letztendlich doch die Liebe….
Doch woher bezieht sie ihre Kraft? Woher kommt ihre Magie? Für mich ist der religiöse Hintergrund also stark zu hinterfragen. Kommt so etwas von Gott? Vernichtend, isolierend, vereinsamend, verletzend, letzten Endes sogar tödlich? Stammt das von Gott? Das sind die Fragen, die sich mir beim Schauen des Filmes, gestellt haben und ich bin froh, dass ich diese jetzt aufschreiben und so teilen kann…. Und ja, auch meine Tochter verteidigt Elsa… Anna ist ja selber schuld, Elsa hat ja gesagt, dass sie weggehen soll! ….